Gastspiel in Frankreich |
Egal ob Viehtreiber, Elektrotreiber oder Elektroschocker, dem Bullen dürfte die Bezeichnung gleichgültig gewesen sein, denn ihm blieb angesichts des Stromschlages nur die Flucht. Und da er nur in Richtung Startbox fliehen konnte, hatten die Rodeoleute ihr Ziel erreicht. Das sei auch vom Amtstierarzt des Landkreises Darmstadt-Dieburg so abgesegnet worden, konnte man weiter lesen bzw. hören. Tatsächlich?
Griesheim 2009 |
Was für eine Logik ist das denn bitte? Man schlägt ein Tier erst mit einem Besenstiel und verursacht ihm Stress und um ihm weiteres Leiden zu ersparen, hilft man ihm mit Stromschlägen auf den Weg.
Übrigens schreibe die Landwirtschaftliche
Berufsgenossenschaft den Einsatz eines Viehtreibers vor. Jeder Bauer habe so
ein Teil dabei. Ach ja?
Nach Auskunft der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (seit
Anfang 2013 die Sozialversicherung
für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau - SVLFG) ist das nicht so.
Im Gegenteil, man fordert die Bauern zu einem schonenden und stressfreien
Umgang mit Rindern auf und bietet ihnen dafür Trainingsveranstaltungen an. Selbst
Stöcke als Treibmittel werden abgelehnt. Ein Stock sollte höchstens als
verlängerter Arm eingesetzt werden. Und: Ein Rodeounternehmer sei kein
Landwirt!
Wirklich bizarr allerdings ist, dass sich die Rodeoleute
gerne als Tierretter verkaufen. Wie viele Tiere wollen sie schon vor dem
Schlachter gerettet haben! Man darf gerührt sein: Unreitbare Pferde dürfen bis
an ihren Lebensabend beim Rodeo nach Lust und Laune buckeln. Bullen, die die
Bauern nicht mehr zur Zucht verwenden und abstoßen wollen, gehen nicht direkt
zum Schlachter, sondern erst noch eine Zeit zum Rodeo. Und wenn sie nicht
geeignet sind, dann eben doch über den Viehhändler zum Schlachter, denn welcher
Landwirt will schon einen älteren Bullen kaufen?
Was macht einen Bullen eigentlich ungeeignet für Rodeo?
Cowboys sind doch so mutig und wollen sich an wilden Tieren messen. Jedenfalls
wird das immer so dargestellt. Wieso hieß es dann in einem Interview mit der
"Hessenschau" am 12.05.2013 über den oben erwähnten Bullen: "Und dann, nachdem der so aggressiv war,
haben wir ihn schlachten lassen. Da waren die Tierschützer zufrieden, wir waren
zufrieden. Der Bulle war, glaube ich, nicht zufrieden."
Was lernt man aus dieser Aussage? Was Stress macht, muss
eben weg. Cowboys bevorzugen sanfte Tiere. Der Mythos vom wagemutigen
Rodeocowboy und Tierretter ist somit gestorben - wie auch der Wilde Westen.
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